Erdgaslieferungen: Steuerschuld wechselt auch bei Kavernen- oder Porenspeichern

Die Verlagerung der Umsatzsteuerschuld auf den Leistungsempfänger ist in einigen Brachen selbstverständlich. So sind es Bauunternehmer gewöhnt, dass wenn sie untereinander abrechnen, nicht der leistende Unternehmer die Steuer an das Finanzamt abführen muss, sondern der Leistungsempfänger. Andere Fälle, in denen die Steuerschuldnerschaft auf den Empfänger übergeht, sind in der Praxis dagegen wesentlich unbekannter. 

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich in einem aktuellen Schreiben mit einem Detailproblem hinsichtlich des Wechsels der Steuerschuldnerschaft bei Erdgaslieferungen auseinandergesetzt. Zwar ist es so, dass die Steuerschuld auch bei Erdgaslieferungen auf den Empfänger übergehen kann. Bevor Sie nun einen Schreck bekommen, dass die letzte Rechnung über eine Gaslieferung für Ihr Unternehmen möglicherweise falsch ausgestellt war, können wir aber Entwarnung geben. 

Bei inländischen Erdgaslieferungen ist der Wechsel der Steuerschuldnerschaft tatsächlich vorgesehen. Allerdings gilt das nur dann, wenn der Leistungsempfänger ein Wiederverkäufer von Erdgas ist – zum Beispiel ein Energieversorger. Außerdem muss es sich um eine Lieferung über das „offizielle Erdgasnetz“ handeln. Das BMF hat nun klargestellt, dass Kavernen- oder Porenspeicheranlagen zur Erdgasspeicherung ebenfalls als Teil des Erdgasnetzes gelten. Denn diese Anlagen sind im Regelfall durch Leitungen mit dem Erdgasnetz verbunden. Der Wechsel der Steuerschuldnerschaft ist also bei der Nutzung einer Kavernen- oder Porenspeicheranlage zu beachten. 

Hinweis: Als Betreiber einer Biogasanlage sind Sie normalerweise kein Wiederverkäufer, so dass Sie diese Regelung nicht beachten müssen.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Umsatzsteuer

(aus: Ausgabe 04/2017)


Bestandskräftige Bescheide: Zur Änderung Funktion als „Strohfrau“ sofort nach Erkenntnis beichten

Bestandskräftige Steuerbescheide muss das Finanzamt zugunsten des Steuerpflichtigen ändern, wenn sich neue Tatsachen ergeben, die eine Reduzierung der Steuer zur Folge haben. Es darf den Steuerpflichtigen allerdings kein grobes Verschulden daran treffen, dass die Tatsachen erst später bekanntwerden. Als grobes Verschulden gelten Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit – beispielsweise wenn trotz Aufforderung keine Steuererklärung abgegeben wird.

In einem Streitfall vor dem Finanzgericht Nürnberg (FG) hatte die Klägerin 2010 einen Gebäudereinigungsbetrieb angemeldet. Eine Einkommensteuererklärung für das Gründungsjahr hatte sie nicht eingereicht. Aufgrund von Auffälligkeiten bei der Umsatzsteuer wurde eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung angeordnet. Gegenüber der Prüferin gab die spätere Klägerin an, Schülerin zu sein und im Betrieb lediglich Büroarbeiten zu verrichten. Die Prüfung ergab jedoch, dass sie die Inhaberin und kaufmännische Leiterin des Betriebs war. Daher schätzte das Finanzamt die Einkünfte für das Jahr 2010 und erließ einen Einkommen- und einen Gewerbesteuerbescheid, die der Klägerin am 19.05.2012 zugestellt wurden.

Am 20.06.2012 legte sie Einspruch ein, wurde jedoch vom Finanzamt wegen abgelaufener Frist zurückgewiesen. Daraufhin beantragte die Klägerin eine Änderung der Bescheide aufgrund neuer Tatsachen, da ihr erst 2013 bewusst geworden sei, dass sie im Betrieb als „Strohfrau“ fungiert habe. Als steuerliche Laiin treffe sie hieran kein grobes Verschulden. Des Weiteren führte sie an, dass ihre Mutter die Bescheide nicht ihr, sondern ihrem Vater gegeben habe.

Diese Argumente erkannten allerdings weder das Finanzamt noch das FG an. Die Bescheide galten als wirksam bekanntgegeben, da sie in den Briefkasten der Klägerin geworfen worden waren und man nach den allgemeinen Gepflogenheiten davon ausgehen konnte, dass sie diese dann auch erhält. Nach Ablauf der Einspruchsfrist am 19.06.2016 wurden die Bescheide bestandskräftig.

Sie konnten nicht mehr geändert werden, weil die Klägerin das nachträgliche Bekanntwerden der neuen Tatsache, dass sie eine Strohfrau war, selbst verschuldet hatte. Sie hätte bereits bei der Sonderprüfung die wirklichen Umstände offenlegen können. Kulturelle und religiöse Traditionen ändern nichts an der Mitwirkungspflicht.

Hinweis: In einem solchen Fall sollten die Tatsachen spätestens im Einspruchsverfahren aufgeklärt werden, da es nur wenige Korrekturmöglichkeiten gibt, wenn der Bescheid erst einmal bestandskräftig geworden ist.

Information für: Unternehmer
zum Thema: übrige Steuerarten

(aus: Ausgabe 04/2017)


Bruttolistenpreis: Bei einem ausländischen Auto kann geschätzt werden

Als Unternehmer genießen Sie vielleicht auch den Luxus, ein sowohl privat als auch betrieblich genutztes Auto vom Betrieb bezahlen zu lassen. Der Haken bei der Sache ist, dass die private Nutzung quasi eine Verwendung von Betriebsvermögen und damit ein Vorteil ist, der für steuerliche Zwecke bewertet werden muss. Das führt zu einem höheren Betriebsgewinn und entsprechend höheren Steuern.

Obwohl elektronische Fahrtenbücher den Aufwand bei der Erfassung der Privatnutzung mittlerweile sehr verringern, wird vielfach auf sie verzichtet. Stattdessen wird die pauschale Methode gewählt: der Ansatz der Privatnutzung als 1 % des Bruttolistenpreises inklusive Umsatzsteuer bei der Erstzulassung des Fahrzeugs.

Doch die Methode hat manchmal so ihre Tücken, wie das Finanzgericht Niedersachsen (FG) kürzlich feststellte. Hier hatte ein Unternehmer seinen Ford Mustang Shelby GT 500 Coupe nicht nur betrieblich, sondern auch privat genutzt. Den Bruttolistenpreis als Basis der 1-%-Regelung setzte er mit dem in Euro umgerechneten amerikanischen Listenpreis an. Denn den Ford konnte man in Deutschland in keiner „Preisliste“ finden. Er wurde hier gar nicht zum Verkauf angeboten. Auf diese Berechnung ließ sich das Finanzamt jedoch nicht ein und setzte den tatsächlich bezahlten Kaufpreis als Schätzgrundlage für den Bruttolistenpreis an – ein Unterschied von knapp 30.000 EUR.

Das FG hieß keine der beiden Ansätze gut. Vielmehr hielt es den Kaufpreis beim Importeur für eine geeignete Schätzgröße. Denn dieser beinhaltete auch die Umrüst- und Überführungskosten, die für eine Zulassung des Fahrzeugs in Deutschland unumgänglich waren. Nur mit einer Schätzung anhand des Importeurpreises kommt man relativ nah an einen theoretischen inländischen Bruttolistenpreis heran. Der ausländische Bruttolistenpreis ist für Steuerfragen in Deutschland grundsätzlich unbeachtlich.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 04/2017)


Elektronischer Geschäftsverkehr: Europäische Kommission will Besteuerung vereinfachen

Im Dezember letzten Jahres hat die Europäische Kommission eine Reihe von Maßnahmen vorgestellt, mit denen die mehrwertsteuerlichen Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr in der EU verbessert werden sollen:

  • Ein EU-weit einheitliches Portal für die Mehrwertsteuer auf Online-Umsätze soll den Unternehmen Einsparungen in Milliardenhöhe bescheren. 
  • Die Mehrwertsteuer soll künftig in dem Mitgliedstaat entrichtet werden, in dem der Endverbraucher ansässig ist. Dies soll zu einer gerechteren Verteilung der Steuereinnahmen zwischen den EU-Ländern führen. 
  • Außerdem ist eine Vereinheitlichung der Steuersätze geplant: Auf elektronische Veröffentlichungen wie E-Books und Online-Zeitungen soll dieselbe Mehrwertsteuer anfallen, wie auf die entsprechen Printveröffentlichungen. Damit soll eine Senkung der Mehrwertsteuersätze für elektronische Veröffentlichungen in den Mitgliedstaaten einhergehen. Dies hängt letztendlich allerdings von den nationalen Gesetzgebern ab. 
  • Um Kleinstunternehmen und Start-ups im Online-Handel die Arbeit zu erleichtern, soll die Mehrwertsteuer auf grenzüberschreitende Verkäufe im Wert von bis zu 10.000 EUR im Inland abgerechnet werden.
  • Schließlich hat sich die Kommission vorgenommen, gegen Mehrwertsteuerbetrug von außerhalb der EU stärker vorzugehen, um Marktverzerrungen und unlauterem Wettbewerb entgegenzuwirken.

Hinweis: Ob bzw. wann diese Maßnahmen in deutsches Recht umgesetzt werden, steht allerdings noch in den Sternen. Zunächst muss die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie durch den Rat der Europäischen Union geändert werden. Die Mitgliedstaaten haben dann noch einmal mehrere Jahre Zeit, um das nationale Recht an die Vorgaben anzupassen.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Umsatzsteuer

(aus: Ausgabe 04/2017)